Jubiläumskonzert am 18.11.2017

 

G. F. Händel

Feuerwerksmusik D-Dur, HWV 352

 

„Music for the Royal Fireworks“ – so lautet der Originaltitel des weltberühmten Werks, das der damals höchst erfolgreiche und als Starkomponist gehandelte 64-jährige Wahlengländer Georg Friedrich Händel im Auftrag des englischen Königs Georg II. schrieb. Im Londoner Green Park sollte mit großem Feuerwerk und neuer, festlicher Musik von Händel der Aachener Frieden gefeiert werden, mit dem der österreichische Erbfolgekrieg beendet worden war. Zur öffentlichen Generalprobe im April 1749 kamen 12 000 Zuschauer – ein Mega-Event schon vor dem offiziellen Friedensfest. So aufgeregt waren die Augenzeugen, dass die einen von 57 Orchestermusikern sprachen, die anderen von deutlich über 100. Auf Wunsch des Königs spielten ausschließlich Bläser und Schlagzeuger – Händel selbst wünschte sich jedoch für seine Feuerwerksmusik auch Streicher, was in heutigen Aufführungen Standard ist.

Texte: Sabine Lange

Händels Wunschbläserzahl dagegen wird selten noch erreicht: Er besetzte 24 Oboen, 9 Hörner und 9 Trompeten, 12 Fagotte und ein Kontrafagott.Die „Feuerwerksmusik“ beginnt mit einer einleitenden Ouvertüre in strahlendem D-Dur. An eine feierliche Prozession erinnern die ersten Takte des Adagio. Dann wird die Musik lebhaft, sie ist gekennzeichnet von „jubilierenden Fanfaren und energisch punktierten Rhythmen“. Es folgen ein Tanz, die Bourrée, und ein langsames Largo alla Siciliana mit dem Titel „La Paix“, was an den Anlass des fröhlichen Festes erinnert: Frieden. Der dann folgende Satz „La Réjouissance“ soll König Georg II. am besten gefallen haben: Es ist ein fröhlicher, an Militärmusik erinnernder Satz mit kräftigem Einsatz der Trompeten, die die Kavallerie anzufeuern scheinen. Mit zwei Tänzen, Menuetten, endet die „Feuerwerksmusik“. Denn Händel, so ist sich der englische Dirigent Roger Norrington sicher, habe keine Kriegsmusik schreiben wollen, sondern schwungvolle, tanzbare Musik: „Die Menschen damals haben mit den Füßen gehört." Rhythmus und Phrasierung seien deshalb in dieser Musik sehr wichtig.  Und der mitreißende Schwung.

 


 

W. A. Mozart
Klarinettenkonzert A-Dur, KV 622

Meryl Streep, Robert Redford, Klaus Maria Brandauer – sie waren 1985 die Stars in dem zum Kultfilm avancierten Streifen „Jenseits von Afrika“. Eine verheiratete Dänin wandert mit ihrem Mann nach Kenia aus und trifft dort die große Liebe ihres Lebens, den Großwildjäger Denys Finch Hatton. Große Emotionen auf der Leinwand, spektakuläre Bilder, preisgekrönte Musik dazu von John Barry – und Wolfgang Amadeus Mozart!

 

Der langsame Satz seines Klarinettenkonzertes KV 622 klingt plötzlich durch die Weiten der kenianischen Steppe – davon waren auch Zuschauer nachhaltig begeistert, die zuvor keine Klassikliebhaber waren. Mozart war in aller Munde...

 

Köchel-Verzeichnis 622: Diese Platzierung in Mozarts Werkverzeichnis deutet schon an, dass dieses Klarinettenkonzert eines der letzten Stücke ist, die Mozart schreiben konnte. Erst in seinem Todesjahr 1791 vollendete er es. Da war er gerade einmal 35 Jahre alt. Die Klarinette war damals ein sehr modernes Instrument und Mozart, der offene Ohren für neue Trends hatte, war mit einem der populärsten Klarinettisten befreundet, Anton Stadler. Für ihn schrieb er dieses Konzert, das heute zu seinen bekanntesten und beliebtesten gehört. Stadler stand damals in dem Ruf, dem Instrument erst seine Seele geschenkt zu haben mit seinem weichen Klang und seinen schier unendlichen Schattierungen in den Klangfarben.

 Mozart, der die Klarinette als eine Art idealisierte Gesangsstimme empfand, setzte das Instrument auch an prominenter Stelle in seinen Opern ein, so in „La clemenza di Tito“. Dabei liebte er gerade auch die samtweichen tiefen Töne und schrieb dieses Konzert deshalb gern für den von Anton Stadler entwickelten neuen Klarinetten-Typus, die Bassettklarinette. Ihr Tonumfang ist größer als der der Klarinette, und vor allem die Tiefe ist ausgeprägter.

 

Jörg Widmann, Klarinettist und Komponist, bekannte in „Die Welt“: „Meine Verehrung für Mozart ist vor allem die des Klarinettisten, denn als Komponist müsste man angesichts Mozarts Kunst den Bleistift sowieso für immer ruhen lassen. Als Klarinettist muss ich ihn einfach lieben, so wie er dieses Instrument geliebt hat. Man darf das Klarinettenkonzert nicht auf den namenlos schönen, von Werbung, Film und Fernsehen aber auch unsäglich missbrauchten Mittelsatz, das Adagio, reduzieren. Es ist insgesamt ein visionär-reifes, letztes Stück. Alles in diesem Konzert ist Musik geworden – das ist kein Ort virtuos solistischer Selbstdarstellung mehr.“ Jörg Widmann nennt Mozart seinen „ständigen Begleiter“, über den er staune, der ihn schockiere. „Ich kann die Noten noch so oft lesen, sie analysieren, aber warum sie so dastehen, es ist unmöglich zu sagen. Da ist nur diese erschütternde Leichtigkeit und Perfektion. Wir Musiker sind fahrende Gesellen; aber egal, wo man sich gerade befindet: Wenn während eines langsamen Mozart-Satzes die Zeit still zu stehen scheint, weiß man – man ist angekommen.“

 

Solistin: Antonia Lorenz-Birk


 

M. Mussorgsky
(orch. von M. Ravel)

Bilder einer Ausstellung

Ein Komponist müsse in der Lage sein, selbst eine Speisekarte zu vertonen. Dieses Bonmot stammt von Richard Strauss, der immer wieder außermusikalische Inhalte zur Grundlage seiner Orchestermusik machte. Er vertonte „Till Eulenspiegels lustige Streiche“ oder beschrieb mit musikalischen Mitteln naturgetreu eine Wanderung in den Alpen. Solche „Programmmusik“ wurde im 19. Jahrhundert berühmt, wo Komponisten wie Bedrich Smetana („Die Moldau“) oder Franz Liszt („Mazeppa“) eben keine „absolute“ Musik mehr schrieben, die nichts sein wollte als Musik. Franz Liszt gehörte zu den ersten, die sich auch von Bildern inspirieren ließen: Seine sinfonische Dichtung „Hunnenschlacht“ ist 1857 nach dem gleichnamigen Gemälde Wilhelm von Kaulbachs entstanden. Allerdings ist dieses Werk heute weitgehend aus den Konzertsälen verschwunden, während Modest Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ (1874) Weltruhm erlangt haben und zu den meistgespielten russischen Werken weltweit gehören.

 

Mussorgsky komponierte diesen Zyklus für Klavier, um damit seinem Freund, dem Architekten und Maler Viktor Hartmann, posthum ein Denkmal zu setzen.

Nach dem Tod Hartmanns war in Petersburg eine Ausstellung mit Hunderten seiner Werke veranstaltet worden. Mussorgsky ließ sich davon anregen, zehn dieser Bilder zu vertonen und den Zyklus als einen Gang durch die Ausstellung zu inszenieren. So beginnt das Werk mit einer „Promenade“, die dann mehrmals wiederkehrt, jedoch jeweils in leicht veränderter Form, da sich durch das Anschauen der Bilder auch der seelische Zustand des durch die Ausstellung wandelnden Betrachters ändert.

 

Zu Mussorgskys Lebzeiten fand der Klavierzyklus kaum Aufmerksamkeit. Erst nach dem Tod des Komponisten wurden die Noten gedruckt. Den bedeutenden Durchbruch erlebten die „Bilder einer Ausstellung“ noch viel später, als der französische Komponist Maurice Ravel eine Orchesterfassung anfertigte. Sie ist bis heute die meistgespielte Version – tatsächlich hat aber wohl kein Werk mehr Bearbeitungen erfahren als dieser Zyklus. Für Orchester existieren unterschiedliche Fassungen, aber auch für Orgel, eine oder mehrere Gitarren, Akkordeon, Jazzband, Synthesizer, Rockband, Salonorchester, Klaviertrio, Schlagzeug, Celesta, Harfe, Glasharfe, Carillon, Holz- oder Blechblasensembles. Der Besetzungs-Fantasie sind in diesem Werk keine Grenzen gesetzt, denn es lebt von seinen faszinierenden Klangfarben.